<p style="">Austausch, Aufklärung und konkrete Hilfe für Betroffene – das ist das Ziel der Burda <strong>Mental Health Community</strong>. Wie wichtig dies aktuell ist, zeigt eine neue Studie, die Strukturen, Leistungen und Schwächen der psychischen Gesundheitsversorgung in Deutschland analysiert. Die Ergebnisse sind eindeutig – und relevant für viele gesellschaftliche Bereiche, auch für Unternehmen.</p> <p style=""><strong>Wer steckt hinter der Studie?</strong></p> <p style="">Die Studie mit dem Titel <em>„Mental health services in Germany – Structures, outcomes and future challenges“</em> wurde von einem interdisziplinären Forschungsteam unter der Leitung von <strong>Prof. Dr. Hauke Felix Wiegand</strong> erstellt. Er arbeitet am <strong>Universitätsklinikum Mainz</strong> sowie an der <strong>Universitätsmedizin Halle</strong>. Weitere Autorinnen und Autoren stammen unter anderem von der <strong>LMU München</strong>, der <strong>Universität Bern</strong> und der <strong>Oberberg Gruppe Berlin</strong>. Die Studie wurde im Fachjournal <em>International Review of Psychiatry</em> veröffentlicht.</p> <p style=""><strong>Deutschland investiert viel – aber nicht immer sinnvoll</strong></p> <p style="">Deutschland gibt rund 13 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Gesundheit aus. Davon fließen über 10 Prozent in die Versorgung psychischer Erkrankungen. Doch mehr als die Hälfte dieser Mittel landet im stationären Bereich – also in Kliniken und Reha-Einrichtungen. Ambulante Angebote wie Psychotherapie oder psychiatrische Fachärzte erhalten deutlich weniger Mittel.</p> <p style="">Dabei sind gerade diese Angebote oft effektiver, kostengünstiger und besser mit dem Alltag der Betroffenen vereinbar.</p> <p style=""><strong>Wer schwer krank ist, bekommt oft weniger Hilfe</strong></p> <p style="">Die Studie zeigt: Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Psychosen erhalten häufig keine Behandlung nach medizinischen Leitlinien. Viele bekommen entweder gar keine Therapie oder nur eine unzureichende. Psychotherapie wird oft nur von weniger stark Erkrankten genutzt. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz liegt häufig bei über drei Monaten.</p> <p style="">Das bedeutet: Diejenigen, die am dringendsten Hilfe brauchen, stehen oft hinten an.</p> <p style=""><strong>Zu viele Kliniken, zu wenig Zusammenarbeit</strong></p> <p style="">Deutschland hat im europäischen Vergleich besonders viele Klinikbetten für psychische Erkrankungen. Die Aufenthalte sind lang – im Schnitt 25 Tage, in psychosomatischen Einrichtungen sogar 44 Tage. Gleichzeitig fehlt es an Abstimmung zwischen Klinik, ambulanter Versorgung und sozialen Diensten. Patientinnen und Patienten müssen sich oft selbst um Anschlussbehandlungen kümmern – eine große Hürde, gerade für Menschen mit schweren Erkrankungen.</p> <p style=""><strong>Digitale Angebote: viel Potenzial, wenig Nutzung</strong></p> <p style="">Während der Corona-Pandemie wurden viele digitale Angebote aufgebaut: Videosprechstunden, Online-Therapien, Gesundheits-Apps. Doch inzwischen werden viele dieser Angebote wieder eingeschränkt. Gründe sind gesetzliche Vorgaben und fehlende Standards für den digitalen Austausch zwischen Behandlern.</p> <p style="">Dabei könnten digitale Lösungen helfen, Wartezeiten zu verkürzen und die Versorgung zu verbessern – besonders in ländlichen Regionen.</p> <p style=""><strong>Was sich ändern muss – konkrete Vorschläge aus der Studie</strong></p> <p style="">Die Autorinnen und Autoren der Studie machen klare Reformvorschläge:</p> <ul> <li style=""><strong>Regionale Budgets</strong>: Kliniken und Praxen sollen gemeinsam ein Budget erhalten – für mehr Zusammenarbeit und weniger Bürokratie.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Zentrale Anlaufstellen</strong>: Menschen mit psychischen Problemen brauchen einen klaren Zugang zur Hilfe – rund um die Uhr.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Stepped-Care-Modelle</strong>: Je nach Schweregrad soll die passende Hilfe angeboten werden – von Online-Angeboten bis zur Klinik.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Digitale Infrastruktur</strong>: Behandler müssen Daten austauschen können – sicher und schnell.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Qualitätskontrolle</strong>: Die Versorgung soll regelmäßig überprüft werden – auch aus Sicht der Patientinnen und Patienten.</li> </ul> <p style=""><strong>Was Unternehmen daraus lernen können</strong></p> <p style="">Psychische Gesundheit ist längst ein Thema für die Arbeitswelt. Die Studie zeigt: Prävention und frühzeitige Hilfe sind entscheidend – auch am Arbeitsplatz. Für Arbeitgeber bedeutet das:</p> <ul> <li style=""><strong>Früherkennung fördern</strong>: Viele Menschen erhalten ihre erste Diagnose beim Hausarzt. Unternehmen können durch Schulungen und Sensibilisierung dazu beitragen, dass psychische Belastungen früh erkannt werden.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Zugang erleichtern</strong>: Lange Wartezeiten auf Therapieplätze sind ein Problem. Betriebliche Gesundheitsangebote – etwa Kooperationen mit Psychotherapeutinnen oder digitale Tools – können helfen, die Lücke zu schließen.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Strukturen schaffen</strong>: Ein betriebliches Gesundheitsmanagement sollte psychische Gesundheit systematisch mitdenken – nicht nur in der Krise, sondern dauerhaft.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Ressourcen sinnvoll nutzen</strong>: Die Studie zeigt, dass viele Behandlungen nicht leitliniengerecht sind. Unternehmen können durch gezielte Angebote und Aufklärung dazu beitragen, dass Mitarbeitende die passende Hilfe bekommen.</li> </ul> <ul> <li style=""><strong>Langfristige Perspektive einnehmen</strong>: Psychische Erkrankungen sind oft chronisch. Rückkehrgespräche, Wiedereingliederung und flexible Arbeitsmodelle sind wichtige Bausteine für nachhaltige Unterstützung.</li> </ul> <p style=""><strong>Fazit: Ein System mit Potenzial – aber falschen Prioritäten</strong></p> <p style="">Die Studie zeigt: Deutschland hat ein gut ausgebautes System zur Behandlung psychischer Erkrankungen. Doch es fehlt an Koordination, digitaler Vernetzung und einer klaren Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Betroffenen. Besonders Menschen mit schweren Erkrankungen bleiben oft auf der Strecke.</p>