<h2 id="wer-nachts-nicht-gut-zur-ruhe-kommt-fuehlt-sich-langfristig-extrem-belastet-noch-dazu-schadet-dies-der-gesundheit-welche-strategien-helfen-koennen">Wer nachts nicht gut zur Ruhe kommt, fühlt sich langfristig extrem belastet. Noch dazu schadet dies der Gesundheit. Welche Strategien helfen können</h2> <p style="">Fast jeder von uns kennt das: Eigentlich wollen wir schlafen,aber wir wälzen uns hin undher. Oder wir wachen mittenin der Nacht auf und sind helwach. Im schlimmsten Fall passiert beides und wir sind am Tag darauf wie gerädert. Die meisten Menschen schlafen die nächste Nacht dann zum Glück wieder normal. Doch bei etwa sechs Prozent der Bevölkerung funktioniert das nicht so einfach. Sie haben regelmäßige Ein- und Durchschlafprobleme. <em>„Wenn diese mindestens dreimal pro Woche über einen Monat lang auftreten und die Betroffenen zudem auch sehr darunter leiden, sprechen Fachleute von einer Insomnie“</em>, erklärt <strong>Dr. Dora Triché</strong>, Oberärztin und Leiterin des Schlaflabors und der Abteilung für nichtinvasive Beatmung am Klinikum Nürberg. Schon <strong>Johann Wolfgang von Gothe</strong> sagte: „<em>Süßer Schlaf! Du kommst wie ein reines Glück ungebeten, unerfleht amwilligsten.“</em> Was aber, wenn der Schlaf nicht mehr kommen mag, so sehr man ihn auch ersehnt? Einen wahren Horror der Ruhelosigkeit erlebte etwa der kandisch-britische Filmstar <strong>Kim Cattrall</strong>. <em>„Ich konnte immer schlafen“</em>, berichtet sie. <em>„Alles, was ich dafür brauchte, war ein Kisen.“</em> Doch dann, wie aus dem Nichts, fand sie keinen Schlaf mehr. Das war 2015, sie nahm eine Rolle in einem Theaterstück in London an – und kam plötzlich nachts nicht mehr zur Ruhe. Cattrall döste ein und wachte immer wieder auf.<em> „Plötzlichwar Schlaf das Kostbarste auf der Welt.“ </em>Nach wenigen Wochen war sie am Ende, zweifelte ihre geistige Gesundheit an. Sie suchte sich Hilfe bei einem Verhaltentherapeuten, sagte ihr Engagement ab. Soweit wie bei Cattrall muss es nicht immer kommen. Unsere Expertinnen Dora Triché und <strong>Kerstin Schuller</strong>, Psychologin bei Instahelp – der Plattform für psychologsche Beratung online –, beantworten die wichtigsten Fragen zu Schlafstörungen.</p> <p style=""><strong>Was heißt gutes Schlafen?</strong></p> <p style="">Diese Frage ist individuell zu beantworten, da jeder unterschiedliche Bedürfnisse hat. Guten Schlaf zu definieren, ist gar nicht so einfach. Grundsätzlich beeinflussen äußere Faktoren wie Lärm, Licht und Luftfeuchtigkeit die Schlafqualität. <em>„Darüber hinaus gibt es noch weitere, persönliche Kriterien“</em>, weiß Psychologin Schuller. <em>„Als Erstes ist die Schlafdauer zu nennen, die bei Erwachsenen idealerweise zwischen sieben und neun Stunden liegen sollte. Aber auch die Schlafeffizienz spielt eine Rolle, wobei es hier um das Verhältnis von tatsächlichem Schlaf und der im Bett verbrachten Zeit geht.“</em> Ebenso haben die Zeit bis zum Einschlafen, die Häufigkeit nächtlicher Unterbrechungen und das Erholungsgefühl Einfluss darauf, wie man den Schlaf beurteilt. <em>„Entscheidend ist auch der nächste Tag. Fühle ich mich ausreichend ausgeruht oder bin ich tagsüber häufig müde?“</em></p> <figure> <a href="https://media.newsload.de/img/250915-nl~WKAV8mDPr.webp" target="_blank" title="Bild anzeigen"> <img src="https://media.newsload.de/img/250915-nl~WKAV8mDPr.webp?w=1920&h=1080&fit=inside&pfit=contain&sfit=contain&p=c" alt="" loading="lazy" /> </a> <figcaption> © National Sleep Foundation </figcaption> </figure> <p style=""><strong>Warum haben so viele Ein- und Durchschlafprobleme?</strong></p> <p style="">Bei vielen Menschen spielen psychische Belastungen eine große Rolle, die sich vor dem Schlafengehen durch Gedankenkreisen und negative Gedankenmuster zeigen. <em>„Ein wesentliches Problem ist sicher, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir uns über unsere Leistung definieren und nicht über unsere Schlaflänge“</em>, so Dr. Triché. <em>„Viele Menschen haben am späten Abend kognitiven Stress, indem sie beispielsweise noch arbeiten. Andere schauen bis kurz vor dem Zubettgehen fern, benutzen ihr Smartphone oder nutzen andere Medien. All das ist für gesunde Schläfer kein Problem – für Menschen mit Schlafproblemen aber schon.“</em> Auch Medikamente und Erkrankungen wie Depressionen, die obstruktive Schlafapnoe oder das Restless-Legs-Syndrom können eine Insomnie auslösen. <em>„Junge Menschen leiden übrigens eher unter Einschlafstörungen und Ältere eher unter Durchschlafproblemen, viele Menschen mit Schlafstörungen haben aber beides. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.“</em> Die oberste Regel von Dr. Triché nach einer durchwachten Nacht lautet: <em>„Kein langes Nachschlafen, ein Powernap von zwanzig Minuten ist erlaubt.“</em></p> <p style=""><strong>Welchen Einfluss haben Ernährung und Bewegung?</strong></p> <p style="">Leider gibt es weitere nachteilige Effekte von zu wenig Schlaf. Studien zeigen, so die Ärztin, dass Schlafentzug zu Übergewicht führen kann, da müde Menschen eher Appetit auf hochkalorische Speisen haben. <em>„Vor dem Schlafengehen sollte möglichst auf schwere Mahlzeiten und koffeinhaltige Getränke verzichtet werden“</em>, sagt Dora Triché. <em>„Und obwohl Sport grundsätzlich die Schlafqualität fördert, sollte man kurz vor dem Schlafengehen keine extrem sportlichen Aktivitäten mehr durchführen, da dann anregende Hormone ausgeschüttet werden. Stattdessen rate ich zu Entspannungstechniken wie Yoga, autogenem Training oder progressiver Muskelentspannung, die helfen, körperlich und mental zur Ruhe zu kommen.“</em></p> <p style=""><strong>Was hat die Atmung mit dem Schlaf zu tun?</strong></p> <p style="">Auch die Atmung bestimmt unsere Schlafqualität. Je nach Schlafphasen verändern sich auch die Atmungsmuster. Wenn die Anpassung des Atmens dabei funktioniert, sind diese Phasenwechsel normal. Ein Ungleichgewicht kann aber die Schlafqualität negativ beeinflussen. <em>„Typische Atmungsstörungen im Schlaf sind die sogenannte Schlafapnoe, die durch wiederholte Atemaussetzer gekennzeichnet ist, und das Schnarchen“</em>, beschreibt die Psychologin die beiden häufigsten Symptome. <em>„Mit professioneller Unterstützung kann man jedoch neue Atmungsmuster erlernen, die zwar nicht die Apnoe kurieren, aber das Einschlafen beschleunigen und die Schlafqualität verbessern können. Dazu zählen zum Beispiel die Tiefenatmung oder eine Achtsamkeitsmeditation vor dem Schlafengehen.“</em> Aber nicht nur Entspannungsphasen sind wichtig, auch körperliches Aktivsein trägt dazu bei, die Atemmuskulatur zu stärken und die Atmungseffizienz zu steigern.</p> <p style=""><strong>Kann Schlaflosigkeit krank machen?</strong></p> <p style=""><em>„Ja, leider“</em>, sagt Dr. Triché. <em>„Ein gesunder Schlaf hat viele Funktionen. Er unterstützt das Immunsystem, die körperliche und seelische Fitness, die Gedächtnisfunktion und ist verantwortlich für den Energiehaushalt. Außerdem transportiert er schädliche Botenstoffe ab.“</em> Wer lange schlaflos ist, erhöht das Risiko für koronare Herzerkrankungen, Demenz, Diabetes Typ 2 und Gewichtszunahme.</p> <p style=""><strong>Warum schlafen Frauen anders als Männer?</strong></p> <p style="">Frauen haben einen anderen Hormonhaushalt und sind durch Menstruation, Schwangerschaft oder Wechseljahre stärkeren Schwankungen ausgesetzt. <em>„Der erhöhte Progesteronspiegel in der Schwangerschaft kann zu verstärkter Müdigkeit und erhöhtem Schlafbedürfnis führen“</em>, erklärt Kerstin Schuller. <em>„In den Wechseljahren hingegen kommt es zum Abfall der Hormone Östrogen und Progesteron, was zu Schlafproblemen führen kann. Dazu kommen in dieser sensiblen Phase häufig nächtliche Hitzewallungen undheftige Stimmungsschwankungen, die sich ebenfalls negativ auf die Schlafqualität auswirken können.“</em> Außerdem sind sowohl Schwangerschaften als auch die Wechseljahre Lebensetappen, in denen große Veränderungen stattfinden. Diese sind oft von Unsicherheiten und Ängsten begleitet, können emotionalen Stress auslösen und es schwerer machen, innerlich zur Ruhe zu kommen.</p> <p style=""><strong>Warum benötigen ältere Menschen weniger Schlaf?</strong></p> <p style="">Zum natürlichen Alterungsprozess gehört, dass der Schlaf älterer Menschen kürzer und vor allem häufiger unterbrochen ist. Am eigentlichen Schlafbedarf ändert sich jedoch nicht unbedingt etwas. Die Psychologin weist darauf hin, dass entgegen der weitverbreiteten Meinung, dass ältere Menschen weniger Schlaf bräuchten, aktuelle Daten zeigen, dass sich zwar die Schlafstruktur, nicht aber die benötigte Schlafdauer ändert. <em>„Das bedeutet, dass sich im Alter häufiger Durchschlafstörungen und seltener lange Tiefschlafphasen zeigen.“</em> Ältere Menschen tendieren vermehrt dazu, mittags zu schlafen und abends früher ins Bett zu gehen. Das führt dazu, dass sie häufig schon früh auf den Beinen sind. <em>„So erhält man schnell den Eindruck, dass Personen mit zunehmendem Alter weniger schlafen. Hinzu kommen körperliche Veränderungen, Krankheiten und Medikamente, die ebenfalls einen Einfluss auf die Schlafqualität haben“</em>, sagt Kerstin Schuller.</p> <p style=""><strong>Wann sind Schlaftabletten sinnvoll?</strong></p> <p style="">„<em>Schlafmittel sind absolut nicht die erste Wahl, sondern sollten nur dann genommen werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind“</em>, sagt Dora Triché und zählt die Regeln zur Schlafhygiene auf (siehe Kasten auf S. 81). Schlaflosen rät sie, mögliche begleitende Erkrankungen wie Depressionen zu behandeln und die Insomnie mit einer kognitiven Verhaltenstherapie, eventuell als DiGA, einer Digitalen Gesundheitsanwendung, in den Griff zu bekommen. Auch pflanzliche Medikamente, die beruhigende Substanzen wie Baldrian oder Lavendel enthalten und nebenwirkungsarm sind, können probiert werden. Die Einnahme von Melatonin – einem Hormon, das den Schlaf-wach- Zyklus reguliert – kann den Rhythmus ebenfalls regulieren. Wenn alles nichts hilft, verordnet Triché Schlafmittel, die aber kurz und nur in akuten Fällen genommen werden sollen. Sie erläutert: „<em>Sogenannte Z-Substanzen wirken gut, machen aber schnell abhängig. Daher verschreiben wir häufig eher niedrig dosierte Antidepressiva, die beruhigen, jedoch nicht zu Abhängigkeiten führen.“</em> Bestimmte Antihistaminika können ebenfalls zur Schlafförderung eingesetzt werden. <em>„Es gibt eine neu zugelassene Substanz: Daridorexant. Das Interessante ist, dass sie auch länger eingenommen werden kann und nicht sediert, sondern ein Gegenspieler eines wach machenden Botenstoffs ist und somit lediglich die Wachheit unterdrückt.“</em></p> <p style=""><strong>Was ist bei Schichtarbeit zu beachten?</strong></p> <p style="">Sie kann den Schlafrhythmus eines Menschen massiv beeinträchtigen, besonders Nacht- oder rotierende Schichten. Schuller: <em>„Um gesundheitliche Folgen zu vermeiden, sollte man auf eine gute Schlafqualität achten. Strategisch eingesetzte Nickerchen können helfen, Müdigkeit zu reduzieren, wobei viele 20 bis 30 Minuten vor der Schicht als ideal empfinden.“</em> Müdigkeit kann man mit Bewegung und Licht lindern: <em>„Helle Lichtquellen helfen, wach zu bleiben. Nach einer Schicht ist eher auf Dunkelheit zu achten.“</em></p>