<h2 id="lieber-nur-eine-sache-fuers-neue-jahr-vornehmen-die-aber-durchziehen-dieses-jahr-empfehlen-wir-sich-unter-maennern-viel-oefter-in-den-arm-zu-nehmen-denn-umarmungen-sind-so-was-wie-unser-lebenselixir-also-mal-richtig-fest-druecken-natuerlich-nur-wenn-alle-beteiligten-damit-einverstanden-sind-eh-klar">Lieber nur eine Sache fürs neue Jahr vornehmen, die aber durchziehen. Dieses Jahr empfehlen wir, sich unter Männern viel öfter in den Arm zu nehmen. Denn Umarmungen sind so was wie unser Lebenselixir. Also: Mal richtig fest drücken – natürlich nur, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind (eh klar)!</h2> <p style=""><strong>Wie zwei sich abstoßende Magneten, die aufeinandertreffen: So sehen viele Männer beim Versuch aus, sich zu umarmen. Warum scheuen so viele Jungs das bisschen Zärtlichkeit untereinander, wenn es uns doch eigentlich so guttut?</strong></p> <p style="">Wer schon mal dabei zugesehen hat, wie sich zwei Typen umarmen, der weiß, was jetzt kommt. Und wie unbeschreiblich unangenehm das als außenstehende Person sein kann. Wird maximal getoppt von zwei Teenagern, die gerade ihren ersten Zungenkuss üben und im Schleudergang die Zungen gegen ihre Mandeln peitschen. Zwei Männer, die sich (wir nennen es jetzt einfach mal so) „umarmen“, das ist wie zwei angriffslustige Grizzlybären im Kampf um das Weibchen zur Paarungszeit. Die Hüften werden meterweit auseinandergeschoben, die rechten Hände klatschen mit etwa 150 Dezibel ineinander, mit der linken Hand wird so hart auf den Rücken geschlagen, dass sich die Wirbelsäule unweigerlich verschieben müsste. Jedes Mal, wenn sich zwei Typen derart unzärtlich umarmen, rollt irgendwo auf der Welt einem Chiropraktiker eine Träne übers Gesicht. Wieso können viele Männer das einfach nicht?</p> <p style="">Prof. Dr. Martin Grunwald ist Gründer und Leiter des Haptik-Forschungslabors der Universität Leipzig, außer dem hat er ein ganzes Buch über den menschlichen Tastsinn geschrieben. Einen besseren Umarmungs-Experten könnte es kaum geben: „Bei Umarmungen muss man sich mehrere Dinge anschauen. Erst mal den kulturellen Hintergrund. Wir werden bei unterschiedlichen Kulturen auch unterschiedliche Begrüßungsverhalten sehen. In arabischen Ländern, aber auch in Europa, in Frankreich oder Italien, ist die Umarmung zweier Männer alltäglich. Dann gibt es einen situativen Unterschied. Beim Fußball zum Beispiel, wenn ein Tor fällt, fallen Männer sich in die Arme. Dann muss man sich die Generationen ansehen.</p> <p style="">Bei Männern bis Mitte 30 sind Umarmungen ja auch kein Problem. Bei Männern Ü50 hingegen eher eine Seltenheit“, erklärt Dr. Grunwald. Aber warum scheuen sich insbesondere bei uns Männer davor, sich zu umarmen? „Na ja, man muss es auch mal gesehen haben. Wenn der eigene Vater oder Bruder auch schon Männer zur Begrüßung oder zum Abschied umarmt hat, dann wächst man damit auf und adaptiert das ganz automatisch“, sagt der Psychologe. Eine Frau zu umarmen allerdings, selbst ohne Einverständnis, fällt den wenigsten Männern schwer. Schlummert da also vielleicht nicht auch ein ganz klein bisschen internalisierte Homophobie? „Laut einer polnischen Studie vermeiden Männer untereinander Umarmungen, weil sie befürchten, dass es fehlinterpretiert werden könnte. Eine Umarmung kann missverstanden werden, ein Handschlag dagegen ist immer ziemlich eindeutig.“</p> <p style="">Eigentlich schade, denn zahlreiche Studien belegen die positiven Auswirkungen von Umarmungen auf unsere Gesundheit, mental sowie physisch – und sogar auf unser Immunsystem. Aber (es gibt immer ein aber) auch nur unter einer Voraussetzung, sagt Dr. Grunwald: „Umarmungen entfalten die gesundheitlichen Wirkungen nur dann, wenn sie als angenehm interpretiert werden. Konsens ist bei Umarmungen also das absolute Minimum.“ Period, Dr. Grunwald, Period! Was heißt das jetzt für uns und unseren guten Vorsatz? Ganz einfach: Papa, Bruder, Kumpel oder welchen Dude auch immer lieb um Erlaubnis bitten und dann richtig fest umarmen. Und sich damit den liebevollsten Immunbooster ever holen. Kann im Winter erst recht nicht schaden.</p> <hr /> <p style=""><strong>Prof. Dr. Martin Grunwald, 57</strong>, ist Psychologe und Autor des Buches Homohapticus: Warum wir ohne Tastsinn nicht leben können, Droemer Verlag, 13 Euro</p>