<h2 id="arbeit-familie-internet-viele-menschen-schlafen-zu-wenig-vor-allem-unter-der-woche-laesst-sich-das-defizit-ausgleichen-was-die-aktuelle-forschung-und-eine-medizinerin-dazu-sagen">Arbeit, Familie, Internet – viele Menschen schlafen zu wenig, vor allem unter der Woche. Lässt sich das Defizit ausgleichen? Was die aktuelle Forschung und eine Medizinerin dazu sagen</h2> <p style="">Viele Prominente, ob bekannte Sportler oder Schauspieler, leben einen Alltag, der vom Aufstehen bis zum Zu-Bett-Gehen durchgetaktet ist. Vielleicht rührt daher auch der Wunsch nach möglichst viel Effizienz, den viele von ihnen hegen. Dazu gehört es oft, die Nachtruhe so kurz und erholsam halten zu wollen, wie nur möglich. Bei Politikern gibt es dieses Phänomen ebenfalls: ExKanzlerin Angela Merkel (CDU) offenbarte einmal, sie verfüge zwar über „eine kamelartige Fähigkeit, den Schlaf zu speichern“, aber um „einigermaßen konstante Laune“ zu haben, müsse sie den fehlenden Schlummer an den Wochenenden nachholen.</p> <p style=""><strong>Maßstab</strong>. Abgesehen von einer Minderheit von Trägern bestimmter Gene liegt das Schlafbedürfnis heutiger Menschen innerhalb einer recht kleinen Spannweite, zwischen sieben und acht Stunden, wie die Nürnberger Schlafmedizinerin Prof. Kneginja Richter im Interview bekräftigt. Jene, denen das im hektischen Alltag nicht gelingt, haben die Chance zur Wiedergutmachung. Prof. Richter empfiehlt, sich nach zwei bis drei Tagen wieder ordentlich Schlaf zu gönnen. Eine aktuelle Studie findet sogar einen messbaren positiven Effekt für die Gesundheit, wenn man das Ausschlafen auf das Wochenende verschiebt.</p> <p style="">Das mag einer simplen Formel widersprechen, die Terminator-Schauspieler Arnold Schwarzenegger gern wiederholt. Er rät zu sechs Stunden „konzentriertem Schlafen“ pro Nacht. Dann habe man zehn Stunden Zeit für die Arbeit und acht für Freunde. Das mag für Herrn Schwarzenegger ausreichend sein, gilt aber nicht für alle. Außerdem ist Schwarzenegger mittlerweile 77 Jahre alt. In dieser Lebensphase reduziert sich das Schlafbedürfnis etwas.</p> <p style=""><strong>Wie lange sollten Menschen in der Lebensmitte schlafen?</strong></p> <p style="">Frauen und Männer zwischen 30 und 50 Jahren benötigen ungefähr sieben bis acht Stunden pro Nacht. Das gilt für wenigstens zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland. Das restliche Drittel teilt sich in jene, die mit weniger auskommen, und jene, die mehr benötigen.</p> <p style=""><strong>Warum müssen wir eigentlich nahezu ein Drittel unserer Zeit schlafen?</strong></p> <p style="">Im Schlaf konsolidiert sich das Gehirn, verfestigen sich jene Informationen und Eindrücke, die wir im Gedächtnis behalten werden. Neugeborene schlafen rund 18 Stunden pro Tag, weil sie ständig enorme Mengen zu lernen haben.</p> <p style=""><strong>Wie sieht es mit den Schlafengehzeiten aus? Gibt es hierzulande mehr Lerchen oder mehr Eulen?</strong></p> <p style="">Auch da lässt sich eine ungefähre Zwei-zueinem-Drittel-Verteilung beobachten. Annähernd 70 Prozent der Menschen werden um etwa 23 Uhr müde und um sieben Uhr wach. Die anderen tendieren mehr in die eine oder in die andere Richtung.</p> <p style=""><strong>Wo liegt die untere Grenze für eine halbwegs gesunde Menge an Schlaf?</strong></p> <p style="">Für den Normalbürger würde ich sie bei fünf Stunden ansetzen. Ich weiß, es behaupten immer wieder Prominente, maximal diese Menge zu benötigen, manchmal auch nur vier Stunden. Das mag für einige Menschen gelten, von denen manche über einen sehr hohen Intelligenzquotienten verfügen. Auch Leonardo da Vinci und Napoleon Bonaparte sollen ausgeprägte Kurzschläfer gewesen sein. Davon unabhängig oder auch ergänzend verfügen einige über eine genetische Besonderheit, die bewirkt, dass sie nur wenig Schlaf benötigen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung bewegt sich aber im niedrigen einstelligen Bereich.</p> <p style=""><strong>Was könnte Schwarzenegger meinen, wenn er von „konzentriertem“ Schlaf spricht? Kann man das steuern?</strong></p> <p style="">Eher ja; die tiefste Schlafphase findet in der Regel im ersten Drittel der Nacht statt. Sie tritt aber nicht augenblicklich ein, sondern etwa 60 bis 90 Minuten nach dem Einschlafen. Geht man also nur gezielt zum Schlafen ins Bett, rutscht man schneller in diese Phase. Der Schlaf wird konzentrierter. Zu beachten ist aber dabei: Zweifelsohne sind die Tiefschlafphasen – sie treten mehrmals pro Nacht auf – die wichtigsten für die körperliche und geistige Gesundheit und die Gedächtnisbildung, aber sie allein genügen nicht.</p> <p style=""><strong>Auf wie viel Tiefschlaf insgesamt kommt der normal schlafende Mensch?</strong></p> <p style="">Das macht in Summe zwei bis drei Stunden aus. Träume treten verstärkt gegen Morgen auf.</p> <p style=""><strong>Was sind die größten Gesundheitsrisiken, die zu wenig Schlaf mit sich bringt?</strong></p> <p style="">An erster Stelle stehen Bluthochdruck und Gefahren für das Herz-Kreislauf-System. Die koronare Herzkrankheit, auch Herzschwäche genannt, steht laut Studienlage in einem besonders engen Zusammenhang mit Schlafmangel. Chronische Erschöpfung begünstigt Depressionen. Schlafentzug führt zu einer Daueraktivität der Stressachse im Nervensystem unseres Körpers. 80 Prozent aller psychischen Erkrankungen hängen mit Schlafstörungen zusammen. Außerdem mehren sich die Hinweise, dass Schlafmangel die Aktivität der Immunzellen schwächt, sich also die Infektanfälligkeit erhöht.</p> <p style=""><strong>Viele Menschen halten aus beruflichen Gründen ihre nächtlichen Ruhephasen kurz. Eine neue Studie, vorgestellt auf dem europäischen Kardiologenkongress, scheint sie teilweise zu beruhigen. Wer unter der Woche auf weniger als sieben Stunden Schlaf pro Nacht kommt, aber am Wochenende ausschläft, senkt das Risiko kardiovaskulärer Schäden um ein Fünftel. Raten Sie zu dieser Art der Kompensation?</strong></p> <p style="">Ich empfehle meinen Schlafpatienten immer wieder auszuschlafen, also zum Beispiel gar nicht den Wecker zu stellen. ? Reicht dazu das Wochenende? Im Idealfall sollte man sich an drei Tagen pro Woche ausschlafen.</p> <p style=""><strong>Welche Kriterien soll die optimale Schlafumgebung erfüllen?</strong></p> <p style="">Als Raumtemperatur empfehle ich etwa 16 bis 18 Grad Celsius. Dafür kann man sich gerade in der kommenden Jahreszeit ruhig in eine schwere Decke einwickeln. Das fördert das Einschlafen, weil es Geborgenheit vermittelt. Wenn das Mobiltelefon schon im Zimmer sein muss, sollte man es auf den Nachtmodus stellen. Es gilt, neben akustischen auch alle störenden Lichteinflüsse zu vermeiden.</p> <p style=""><strong>Was halten Sie von Siesta und von ultrakurzen Nickerchen tagsüber, auch Powernapping genannt?</strong></p> <p style="">Beide haben etwas für sich. Ich kenne viele Menschen, die ausgeruht sind, auch wenn sie in der Nacht nur fünf Stunden schlafen, aber sich nach dem Mittagessen noch drei Stunden hinlegen. In südlichen Ländern ist das vielerorts üblich. Auch Powernapping empfehle ich, allerdings nur einmal am Tag. Vielen gibt ein kurzes Nickerchen auf dem Sofa im Büro Energie für den restlichen Arbeitstag. Man sollte aber dabei nicht in den Tiefschlaf fallen, also dafür sorgen, dass man nach rund 20 Minuten wieder aufwacht. Dazu kann man zum Beispiel am Beginn des Dösens einen Schlüsselbund in die Hand nehmen. Fällt der zu Boden, ist es Zeit zum Weiterarbeiten.</p>